Starker Wunsch nach Partizipation, doch Motive dafür polarisieren stark

Österreichs veränderte Gesellschaft

·         Komplette Neukonfiguration der österreichischen Milieulandschaft

·         Neue Sinus-Milieus, die für die Polarisierung zwischen Zukunfts- und Vergangenheitsorientierung stehen

Österreichs Gesellschaft hat sich verändert. Dabei zeigt sich auch, dass die Bürger:innen wieder stärker mitbestimmen wollen. Allerdings: die Themen, um die es dabei geht, deuten auf eine deutliche Polarisierung zwischen Zukunfts- und Vergangenheitsorientierung hin. Diese hat weniger mit dem Lebensalter als vielmehr mit unterschiedlichen Idealbildern unserer Gesellschaft zu tun.

 

Neue Alltagswirklichkeit

Um den Wertewandel der österreichischen Gesellschaft und die neue Alltagswirklichkeit der österreichischen Gesellschaft abzubilden, hat INTEGRAL das Gesellschaftsmodell der Sinus-Milieus einem umfassenden Update unterzogen und zusätzlich die Wahrnehmung der aktuellen Stimmungslage bei 1.000 Österreicher:innen im Alter von 16 bis 75 Jahren erhoben.

Polarisierung zwischen Zukunft und Vergangenheit

Das neue Sinus-Milieumodell hat auch zwei neue Milieus hervorgebracht. Der Spannungsbogen zwischen Zukunft und Vergangenheit zeigt sich am deutlichsten im Vergleich dieser beiden neuen Milieus der ‚Nostalgisch-Bürgerlichen‘ und der ‚Progressiven Realisten‘. Während die ‚Nostalgisch-Bürgerlichen‘ zurück in die vorgebliche Ordnung und Sicherheit der Vergangenheit wollen, steht für die ‚Progressiven Realisten‘ Zukunftssicherheit im Fokus. Sie wünschen sich eine Transformation unserer Gesellschaft in Hinblick auf Klimaschutz und Diversität und offene, demokratische Entscheidungsprozesse. Die neue Mitte der ‚Adaptiv-Pragmatischen‘ steht dabei dazwischen: Sie sehnt sich nach Planbarkeit und Sicherheit, akzeptiert aber auch die Notwendigkeiten und Möglichkeiten der modernen Gesellschaft.

Wunsch nach Partizipation

All diese Gruppen vereint eine Gemeinsamkeit: Die Bürger:innen fordern wieder mehr Mitsprache, wollen gehört werden und artikulieren ihre Meinungen wieder stärker in der Öffentlichkeit.

Der Anteil jener, die sich vorstellen können, für zumindest eines ihre Anliegen öffentlich zu demonstrieren, ist hoch (50%). Doch bei den Themen gehen die Meinungen - je nach Werteorientierung - stark auseinander. „Während sich zukunftsgerichtete Milieus, allen voran die ‚Progressiven Realisten‘, für Bildung, Gleichstellung und Klimaschutz stark machen, würden die Nostalgisch-Bürgerlichen speziell gegen Einschränkung von Freiheitsrechten im Zuge von Corona-Maßnahmen, gegen Russland-Sanktionen oder die Auswüchse der Political Correctness lautstark kämpfen.“, betont Dr. Barth.

Hier zeigen sich auch interessante Unterschiede zwischen den jüngsten Milieus, den „Zukunftsmilieus“. Das sind die beiden Milieus, die in Zukunft größer und gesellschaftlich wichtiger werden – neben den ‚Progressiven Realisten‘ gehört auch die Lifestyle-Avantgarde der ‘Kosmopolitischen Individualisten‘ dazu. Beide Zukunftsmilieus würden sich für die Gleichstellung der Geschlechter und der sexuellen Orientierungen engagieren. Die Forderung nach Maßnahmen gegen den Klimawandel motiviert aber nur die ‚Progressiven Realisten‘. Die ‚Kosmopolitischen Individualisten‘ dagegen sind mehr daran interessiert, ihren Lebensstandard zu halten und würden etwa für die Bekämpfung der Inflation auf die Straße gehen.

Stabile Demokratiezufriedenheit

2022 sind immer noch mehr als die Hälfte (55 Prozent) in Österreich mit der Demokratie zufrieden. Allerdings muss man hier relativieren: Dieser niedrige Wert wurde auch in früheren Krisensituationen schon gemessen. Die zukunftsorientierten ‚Progressiven Realisten‘ sind überdurchschnittlich zufrieden mit der Demokratie in Österreich, während die systemkritischen ‚Nostalgisch-Bürgerlichen‘ zu den Unzufriedenen gehören. Dementsprechend hoch ist in diesem Milieu auch die Affinität zu Parteien, die schnelle und einfache Lösungen versprechen, auch wenn dabei nicht immer den demokratischen Spielregeln gefolgt wird.

Die ‚Adaptiv-Pragmatische Mitte‘ steht wie bei vielen anderen Themen auch hier dazwischen. Aktuell zeigt sie eine gewisse Ratlosigkeit im Umgang mit den aktuellen Krisenerfahrungen und auch mit Herausforderungen wie dem Klimawandel. Gleichzeitig sprechen sie den Parteien in Österreich überdurchschnittlich oft Problemlösungskompetenz ab.

Aber: „Demokratische Mehrheiten kann es nur mit der ‚Adaptiv-Pragmatischen Mitte‘ geben. Diese Gruppe glaubt nicht an große Versprechungen, sondern nur an den konkreten Nutzen, welcher klar und nachvollziehbar kommuniziert werden muss.“, zieht Dr. Barth ein abschließendes Fazit zu dieser wichtigen gesellschaftlichen Gruppe.

 

Alle Ergebnisse stammen aus der umfassenden Bestandsaufnahme zur Österreichischen Gesellschaft und einer INTEGRAL-Eigenforschung (Studie 7247). Im Rahmen einer Online-Befragung wurden 1.000 Personen von 28. September bis 3. Oktober 2022, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung zwischen 16 und 75 Jahren, befragt.

Rückfragehinweis zur Studie:

INTEGRAL Markt- und Meinungsforschung
Mag. Sandra Cerny
Telefon: +43 (0)1-799 19 94 – 21, Mail: office@integral.co.at

Medienkontakt:
DS Agentur für Kommunikationsstrategie, Markenaufbau & Sichtbarkeit
Doris Spiegl, Bakk. phil.: +43/676/540 15 94 oder ds@dorisspiegl.at

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